Die meisten Mischpulte und modernen DAWs bieten zwei verschiedene Möglichkeiten externe Effekte wie Hall, Delay, Kompressoren oder Equalizer einzubinden: Entweder als Insert-Effekt oder als Send-Effekt. Damit du ein Gefühl dafür bekommst, welche Variante in welcher Situation besser geeignet ist, werde ich die beiden Methoden in diesem Beitrag etwas genauer beleuchten.

Der Hintergrund für die Entwicklung von Insert- und Send-Effekten war der rasante technologische Fortschrittes in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Musikproduktion wurde zunehmend komplexer und viele Tontechniker wollten sich nicht mehr nur auf die eingebauten Effekte ihrer Mischpulte verlassen. Sie wollten zum Gestalten ihrer Sounds auch ihr erprobtes externes Equipment verwenden. Es wurde daher nach Möglichkeiten gesucht, externe Effektgeräte problemlos in die Signalkette einbinden zu können.

1. Insert-Effekt


Studio- und Live-Mischpulte werden seitdem mit sogenannten „Inserts“ ausgestattet. An diesen Inserts kann externes Equipment in den Signalverlauf des jeweiligen Mischpultkanals eingebunden werden. Dieses Konzept wurde 1996 von Steinberg in den digitalen Mixer ihrer DAW Cubase eingebunden und später von anderen Herstellern in deren DAWs übernommen.

Üblicherweise sind solche Insert-Punkte bei Hardware-Mischpulten direkt nach dem Vorverstärker angeordnet. Danach folgt meist der interne Equalizer und am Ende des Signalweges der Kanalfader. Diese Art wird auch Pre-Fader-Insert genannt. Dabei wird das Signal vom Vorverstärker auf Arbeitspegel gebracht und nachfolgend vom Insert-Effekt bearbeitet. Mit dem Kanalfader kannst du anschließend ganz normal die Lautstärke des bearbeiteten Signals verändern.

In DAWs wie Cubase gibt es aber auch sogenannte Post-Fader-Inserts. Dabei reagiert das Signal, welches an den Insert-Effekt geschickt wird, auf die Lautstärkeänderung des Kanalfaders. Das heißt, wenn du den Kanalfader leiser drehst, wird auch das Signal, das an den Insert-Effekt geschickt wird leiser gedreht.

Ich verwende Post-Fader-Inserts zum Beispiel um Stereo-Subgruppen über externe Effektwege an einen Analog-Summierer zu schicken. So kann ich die Lautstärke der Subgruppen einfacht mit dem Fader meines Steinberg CC121 Hardware-Controllers bearbeiten und muss nicht den unhandlichen Gain-Regler des Software-Kanalzugs verwenden.

1.1 Signalfluss von Insert-Effekten


Obiges Bild veranschaulicht den Signalfluss von Insert-Effekten in einem Kanalzug der DAW Cubase: Das unbearbeitete Eingangssignal wird an einen als Insert-Effekt geladenen Kompressor geschickt (dry), von dem es bearbeitet wieder zurückkommt (wet). Nun wird es weiter in einen als Insert-Effekt geladenen Reverb geschickt (dry). Aus diesem kommt es ebenso bearbeitet wieder zurück (wet).

Das mit Kompressor und Reverb bearbeitete Signal (wet) kann nun mit dem Kanalfader in der Lautstärke verändert werden. Danach wird es weiter an den Stereo-Ausgang deines Audio-Interfaces oder DA-Wandlers geleitet und von dort als Ausgangssignal an deine Studiomonitore oder Kopfhörer gesendet.

1.2 Typische Anwendungen von Insert-Effekten


Du kannst nahezu jeden Effekt als Insert-Effekt verwenden. Kompressoren, Equalizer, Phaser und weitere Geräte, mit denen das Signal zu 100 Prozent bearbeitet werden soll, sind wie gemacht für den Einsatz als Insert-Effekt. Bei Plugins gibt es auch schon häufig die Möglichkeit den Anteil zwischen Direkt-Signal und bearbeitetem Signal mit einem Mix-Regler einzustellen. Das macht deren Einsatz als Send-Effekt mit umständlichem Routing meist überflüssig, was parallele Signalbearbeitung ungemein erleichtert.

2. Send-Effekt


Im Gegensatz zu Insert-Effekten werden Send-Effekte nicht direkt im Kanal der jeweiligen Instrumentenspur eingeschliffen, sondern auf einem eigenen, in Cubase FX-Kanal genannten Mixer-Kanal. Von jedem Mixer-Kanal kann nun ein Teil des dort anliegenden Signals (oder auch das ganze Signal) über einen Send, auch Auxiliary-Send oder einfach AUX genannt, an den FX-Kanal geschickt werden.

Der große Vorteil dabei ist, dass nur ein Effekt (Hardware oder Plugin) eingeschliffen werden muss, welcher dann von allen Mixerkanälen beschickt werden kann. Ein kleiner Nachteil ist, dass eine Send-Effekt-Konfiguration nicht mit allen Effekten funktioniert. Ein Equalizer macht in einem FX-Kanal z.B. wenig Sinn, wohingegen Reverb und Delay für den Einsatz als Send-Effekt wie geschaffen sind.

Auch Send-Effekte können zwischen Pre- und Post-Fader umgeschaltet werden. Post-Fader macht z.B. Sinn, wenn du einen fixen Send-Pegel von einem Instrumentenkanal an einen FX-Kanal schickst, du aber nicht möchtest, dass dieser Pegel sich ändert, wenn du die Fader-Stellung am Instrumentenkanal veränderst – das ist häufig beim Einsatz von Parallelkompression sinnvoll.

2.1 Signalfluss von Send-Effekten


Obiges Bild veranschaulicht den Signalfluss eines Send-Effektes mit einem Kanalzug des Cubase Mixers und einem separaten FX-Kanal: Das Eingangssignal wird, wie in der vorherigen Konfiguration, über einen Insert-Effekt an einen Kompressor (dry) und von diesem bearbeitet wieder zurückgeschickt (wet). Dieses vom Kompressor bearbeitete Signal wird nun über einen Send an den FX-Kanal geschickt (dry (Send)). Dort wird es durch einen Reverb (als Insert-Effekt im FX-Kanal) geleitet (dry) und kommt ebenso bearbeitet wieder zurück (wet).

Das vom Kompressor bearbeitete Signal (dry (Original)) kannst du nun mit dem Instrumenten-Kanalfader in der Lautstärke verändern und weiter an den Stereo-Ausgang leiten. Ebenso kannst du mit dem Fader des FX-Kanals das Effektsignal in der Lautstärke anpassen und an den Stereo-Ausgang senden. Dort entsteht dann, je nach Lautstärkeeinstellung der beiden Fader, eine Mischung aus Instrumentensignal und Effektsignal, welches als Ausgangssignal an deine Studiomonitore oder Kopfhörer geleitet wird.

2.2 Typische Anwendungen von Send-Effekten


Typische Send-Effekte sind z.B. Reverb und Delay. Diese werden meist nicht zu 100 Prozent auf ein Signal angewendet, sondern nur teilweise hinzu-gemischt. Falls Kompressoren nicht schon einen Mix-Regler an Bord haben, werden diese auch häufig in einer Send-Effekt-Konfiguration verwendet um damit Parallelkompression zu ermöglichen. Für Equalizer macht es meist wenig Sinn sie als Send-Effekte zu verwenden. Eine geringere Anhebung oder Absenkung in einem EQ als Insert-Effekt führt genauso und vor allem schneller zum Ziel.

Fazit


Insert-Effekte und Send-Effekte gehören wie Equalizer, Kompressoren, Echo und Reverb zum Alltag eines Tontechnikers. Zu wissen wann welche Methode am besten geeignet ist bedarf zwar etwas Übung, aber spätestens beim dritten oder vierten Hall, den du als Insert-Effekt verwendest, wirst du feststellen wie praktisch Send-Effekte sein können.

Wenn du mehr Fragen zum Thema Recording hast, kannst du gerne in meinen Homerecording Beiträgen nach Antworten stöbern.

Beitragsbild: Pixabay, Chris Hörmann
Quellen: Wikipedia (2017)