Um beim Mischen den Eindruck von Tiefe zu erzeugen, ist das Hauptwerkzeug des Tontechnikers der Hall. Dieser kann in dichten Arrangements das Klangbild aber oft schwammiger machen, als dass er für einen sauberen Tiefeneindruck sorgt. Für solche Situationen und für allerlei weitere Einsatzzwecke, bietet sich der Delay-Effekt als Option an. Sehen wir uns die Parameter und verschiedene Anwendungen von Delay und Echo genauer an.

Ein Delay ist nichts anderes als eine Zeitverzögerung eines Signals. Die einfachste, aus der Natur bekannte Art, ist das Echo. Dabei wird eine Stimme oder ein Sound, der z.B. gegen eine große reflektierende Oberfläche wie eine Felswand geschickt wird, verzögert und im Pegel abgeschwächt wieder zum Zuhörer zurück reflektiert. Um diesen Effekt nachzubilden, wurden in der Musikproduktion anfangs Bandmaschinen zweckentfremdet und später eigene Delay-Effektgeräte entwickelt.

1. Parameter


Jeder Delay-Effekt, egal ob Hardware oder Plugin, hat bestimmte Parameter, mit denen du das Echo nach deinen Vorstellungen an die Gegebenheiten deines Projektes anpassen kannst. Diese Parameter erfordern sicher eine kurze Einarbeitungszeit, du musst dich aber wahrscheinlich nicht so intensiv damit beschäftigen wie bei Equalizer oder Kompressor, um zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu kommen.

1.1 Verzögerungszeit (Delay-Time)


Die Verzögerungszeit oder Delay-Time ist jene Zeit, die das verzögerte Signal nach Abspielen des Direktsignals braucht, um das erste Mal wiedergegeben zu werden. Diese Zeit wird meist in Millisekunden (ms) angegeben oder wird an das Tempo des Projektes angepasst. In diesem Fall wird sie als Notendauer angegeben. Das heißt wenn die Verzögerungszeit z.B. 200 ms ist, kommt das erste Echo genau 200 ms nach dem Ursprungssignal. Mit der Verzögerungszeit passt du auch das Echo grundlegend an deinen Song an und kannst es mit den anderen Parametern weiter verfeinern.

1.2 Tempo-Synchronisation


Das Anpassen an das Projekttempo erfolgt mit der Tempo-Synchronisation. Diese Methode funktioniert aber nur mit Plugins. Dabei liest das Plugin die Tempoinformation des Projektes aus und passt die Delay-Zeit daran an. Du kannst dann über die Notendauer einstellen, ob das Echo z.B. 4tel-, 8tel-, punktierte 8tel-, triolische 4tel-Noten usw. wiedergeben soll. Wenn die Verzögerungszeit bei Tempo 120 z.B. eine Viertelnote beträgt, kommt das erste Echo genau eine Viertelnote nach dem Ursprungssignal. Das würde umgerechnet 500 ms betragen. Bei Hardware-Delays, die nicht mit dem Projekt-Tempo synchronisiert werden können, kannst du die Viertelnoten mit der Formel 60/Projekttempo*1000 in ms umrechnen und so eine „manuelle Synchronisation“ herstellen. Durch weitere Unterteilungen kannst du dann auch 8tel-, punktierte 8tel-, triolische 4tel-Noten usw. einstellen.

1.3 Feedback


Das Feedback gibt an wie oft das Delay-Signal mit den eingestellten Delay-Zeit-Abständen wiedergegeben werden soll, bis es zur Unhörbarkeit abklingt. Wenn du das Feedback extrem hoch wählst, kannst du aber auch einen sich selbst aufschaukelnden Echo-Effekt erzeugen. Bei einer Verzögerungszeit von 300 ms würde z.B. das erste Echo 300 ms nach dem Ursprungssignal kommen. Das Zweite würde, in abgeschwächter Form, 300 ms nach dem ersten Echo, also 600 ms nach dem Ursprungssignal kommen. Diese Wiederholungen setzen sich je nach eingestelltem Feedback bis zum vollständigen Abklingen fort.

1.4 Mischverhältnis


Das Mischverhältnis regelt den Anteil zwischen Echo (wet) und Direktsignal (dry). Das ist relevant, wenn der Effekt direkt auf eine Instrumentenspur als Insert-Effekt angewendet wird, da bei einer Verwendung als Send-Effekt der Mix Regler immer auf 100% „wet“ stehen soll. Der Echo-Anteil wird dann nur mit dem Send-Pegel des jeweiligen Instrumentenkanals geregelt. Das ist z.B. relevant wenn du das Echo als Effekt zur Tiefenstaffelung einsetzen möchtest, was weiter unten noch genauer behandelt wird.

1.5 Filter


Viele Plugins haben zur weiteren Anpassung des Delay-Signals an deinen Mix noch Hoch- und Tiefpass-Filter an Bord. Das hat den Vorteil, dass du das Echo unaufdringlicher gestalten und eventuell im verzögerten Signal vorhandene, aber meist unnötige, Bassfrequenzen entfernen kannst. Zusätzlich oder alternativ dazu kannst du das Echo aber auch mit einem separaten Equalizer bearbeiten, um das verzögerte Signal noch besser an deinen Mix anpassen zu können.

1.6 Modulation


Um dem Delay-Signal mehr Eigenständigkeit zu verleihen, bieten viele Plugins auch die Möglichkeit Modulationseffekten darauf anzuwenden. Dabei ist die häufigste Variante der Chorus-Effekt. Dieser verstimmt das Signal leicht und hebt es so vom Ursprungssignal etwas ab. Das kann z.B. beim Einsatz von Stereo-Delays dafür sorgen, dass ein Signal im Stereofeld noch breiter wirkt.

2. Arten von Delays und deren Anwendung


Mit Delay und Echo eröffnest du dir eine ungemein große Spielwiese. Vom Einsatz als einfacher Echo-Effekt bis hin zur Verwendung als Ersatz für Reverb ist alles möglich. Moderne Plugins beherrschen für diese Zwecke schon eine Vielzahl an unterschiedlichen Delay-Varianten, die alle ihre Eigenheiten aufweisen, aber auch nicht in jeder Situation passen.

2.1 Tape-Echo


Das Tape-Echo war wohl eine der ersten praktischsten Anwendungen eines Echo-Effektes im Studioalltag. Dabei wurde, neben der für die Wiedergabe zuständigen Bandmaschine, eine separate Bandmaschine in den Signalweg eingeschliffen. Bei dieser wurde das Signal vom „Repro-Wiedergabekopf“ gelesen, wobei eine kleine Verzögerung zwischen dem angelegten und dem wiedergegebenen Signal auftrat. Dieses verzögerte Signal konnte dann als Echo zurück zur Haupt-Bandmaschine geschickt werden. Die Delay-Zeit wurde dabei mit der Geschwindigkeit der Bandmaschine eingestellt. Um längeres Feedback zu erzeugen, wurde einfach das verzögerte Signal nochmals über die „Delay-Bandmaschine“ geschickt, usw. Aus dieser Anwendung heraus entstanden eigene Effektgeräte wie z.B. das legendäre Roland RE-201 „Space-Echo“.

2.2 Mono-Delay


Wie der Ausdruck vermuten lässt, wird beim Mono-Delay ein Instrument oder eine Stimme einfach als verzögertes Mono-Signal wiedergegeben. Damit lassen sich ganz einfache Wiederholungseffekte erzeugen, um z.B. nur das letzte Wort einer Phrase mit einigen Delay-Wiederholungen zu versehen. Mono-Delays werden aber auch gerne als E-Gitarreneffekt verwendet und können so bei Live-Anwendungen für aufregendere Sounds sorgen.

2.3 Slapback-Echo


Eine in manchen Musikstilen sehr gebräuchliche Art Echo als Effekt einzusetzen, ist das sogenannte „Slapback-Echo“. Das sorgte schon Anfang der 50er Jahre für aufregende Sounds und ist z.B. beim Song „In the Air Tonight“ von Phil Collins auf der Stimme gut zu hören. Dabei wird, je nach gewünschtem Effekt, eine Delay-Zeit zwischen 50 ms und 150 ms eingestellt und das Feedback so gewählt, dass nur eine Wiederholung abgespielt wird. In heutigen Pop-Songs ist das Slapback-Echo zwar etwas aus der Mode gekommen, ist aber meines Erachtens eine kreativ nicht zu unterschätzende Anwendungsmöglichkeit.

2.4 Stereo-Delay


Beim Stereo-Delay kannst du für den linken und rechten Kanal unterschiedliche Verzögerungszeiten einstellen. Das könnten z.B. am rechten Kanal 4tel-Noten und am linken Kanal punktierte 8tel-Noten sein, die mit dem Projekt-Tempo synchronisiert sind. Da du damit ganz einfach einen Eindruck von Breite erzeugen kannst, ist diese Art von Echo für den Einsatz als Reverb-Ersatz gut geeignet.

2.5 Ping-Pong-Delay


Ein Ping-Pong-Delay ist eine andere Form des Stereo-Delays. Dabei wird das Signal wie beim Ping-Pong-Spiel zwischen linkem und rechtem Kanal hin und her gespielt. Wenn du dabei z.B. die Verzögerungszeit auf eine 4tel-Note einstellst, wird das erste Echo ein 4tel nach dem Ursprungssignal im linken Kanal wiedergegeben. Das nächste 4tel wird dann im rechten Kanal wiedergegeben, usw.

2.6 Tiefenstaffelung


Echo kannst du anstelle von Reverb einsetzen, um in deinen Mischungen einen Eindruck von Räumlichkeit zu erzeugen. Das macht vor allem dann Sinn, wenn du mit sehr dichten Arrangements arbeitest und Hall einen verwaschenen Sound erzeugen würde. Bei dieser Anwendung macht es z.B. Sinn das Echo auf das Projekttempo zu synchronisieren, damit das Effektsignal im Takt der Musik mitschwingt. Sehr gut funktioniert das mit Stereo-Delays. Da diese auf dem linken und rechten Kanal unterschiedliche Verzögerungszeiten haben, erzeugt das eine Breitenwirkung und es imitiert auch zu einem gewissen Grad die Erstreflexionen (Early Reflections) eines Raumklangs.

Fazit


Der Delay ist ein vielseitiger und interessanter Effekt, der ungemein Spaß machen und die Phantasie beflügeln kann. Das schöne an diesem Effekt ist, dass er nicht so eine steile Lernkurve hat wie z.B. Equalizer, Hall oder Kompressor. Er regt deine Kreativität an und du kommst schnell zu Ergebnissen, die sich auch hören lassen können. Wenn du mehr über Delay- und Echo-Effekte erfahren möchtest kann ich dir den Thomann Online Ratgeber empfehlen.

Wenn du mehr Fragen zum Thema Recording hast, kannst du gerne in meinen Homerecording Beiträgen nach Antworten stöbern.

Beitragsbild: Alex Regan via Wikimedia Commons (2017, Bildausschnitt geändert)
Quellen: Wikipedia (2017)Thomann (2017)