Jedes Mikrofon braucht ihn und nahezu jedes Audio-Interface hat ihn: Den Mikrofon-Preamp – auch Mikrofonvorverstärker oder Mic-Pre genannt! Eigentlich nur mit der einfachen Aufgabe betraut das ankommende Signal zu verstärken, wurde er im Laufe der Zeit um einige zusätzliche Funktionen erweitert. Damit du einen Überblick über den möglichen Funktionsumfang bekommst, werde ich hier näher auf die einzelnen Features eingehen.

Mikrofon-Preamps gibt es nicht nur im Tonstudio, sondern überall dort, wo Mikrofone zum Einsatz kommen. Das wäre z.B. im Mischpult bei einem Live Konzert, am Rednermikrofon bei einem Vortrag oder im Gaming-Headset bei Voice-over-IP Chats. Bei Tonaufnahmen und auch im Livemusik-Einsatz hat der Preamp aber einen höheren Stellenwert als z.B. beim Chat in Computerspielen, wo er ja „nur“ die Sprache verständlich übertragen muss.

Bei Aufnahmen ist es das erklärte Ziel das Mikrofonsignal so gut es geht, möglichst ohne negativen Einfluss auf das Signal, zu verstärken und eventuell durch zusätzliche Bauteile wie Röhren oder ein ausgefeiltes Schaltungsdesign aufzuwerten.

1. Grundlegende Funktionen eines Mikrofon-Preamps


Neben dem Verstärken des Mikrofon- oder Instrumentensignals haben moderne Mikrofon-Preamps meist noch zusätzliche Funktionen. Ein einfacher Vorverstärker braucht aber fürs Erste nur einen Mikrofon- oder Instrumenteneingang, Phantomspeisung und einen Gainregler.

1.1 Das Verstärker­element


Das Signal deines Mikrofons bewegt sich meist in einem sehr geringen Spannungsbereich von 0,001 – 0,01 Volt – das ist der sogenannte Mic-Pegel. Es benötigt daher eine zusätzliche Verstärkung, damit es z.B. vom Analog-Digital-Wandler deines Audio-Interfaces oder von weiterem Equipment gut verarbeitet werden kann.

Diese Aufgabe übernimmt das Verstärkerelement. Es ist das Herz jedes Mikrofon-Preamps und kann entweder diskret aufgebaut sein, also nur mit Widerständen, Spulen, Dioden und Kondensatoren, in Röhrenbauweise oder mit einem integrierten Schaltkreis (IC) in Form eines Operationsverstärkers (OP-Amp).

Jede Bauweise hat gewisse Vor- und Nachteile aber auch unterschiedliche Klangeigenschaften, die du kreativ nutzen kannst. Die Aufgabe des Verstärkerelementes ist es, das Mikrofonsignal auf den sogenannten Line-Pegel zu bringen. In professionellem Audio-Equipment liegt dieser nominale Line-Pegel bei ca 1,23 Volt, ist also um rund ein tausendfaches höher als der Mic-Pegel.

1.2 Der Mikrofon­eingang


Der Mikrofoneingang ist die Verbindung zwischen deinem Mikrofon und deinem Preamp. Er leitet das ankommende Signal an das eigentliche Verstärkerelement weiter, damit es dort auf Line-Pegel gebracht werden kann. Falls du ein Mikrofon hast das eine Phantomspeisung verlangt, liegt diese auch am Mikrofoneingang an. Die Phantomspeisung wird weiter unten noch genauer behandelt. Der Mikrofoneingang ist fast immer als symmetrische XLR-Buchse oder oft auch als XLR-Kombibuchse mit einer integrierten Klinkenbuchse für den Instrumenteneingang ausgeführt.

1.3 Der Instrumenten­­­eingang (Hi-Z)


Der Hi-Z oder Instrumenteneingang ist ein Feature, das die meisten modernen Mikrofon-Preamps und Audio-Interfaces bieten, um Instrumente wie Akustik-Gitarre, E-Gitarre, E-Bass o.ä. direkt, und ohne Verwendung einer zusätzlichen DI Box (Direkt Injection Box), an das Interface anschließen zu können.

Technisch geht es dabei um die Impedanz (Scheinwiederstand) von elektronischen Bauteilen wie Spulen und Kondensatoren, aus denen Audio-Equipment zu großen Teilen aufgebaut ist. Diese Art von Eingang ist enorm nützlich, weil du damit jederzeit z.B. ein cleanes E-Gitarrensignal aufnehmen kannst. Dieses kannst du später entweder via Reampingbox durch einen mikrofonierten Gitarrenverstärker schicken, oder nach belieben mit einer Verstärkersimulationen bearbeiten.

1.4 Phantom­speisung


Die Phantomspeisung ist eine Spannungsversorgung, die vom Mikrofon-Preamp über das Kabel an dein Mikrofon geschickt wird. Sie wird hauptsächlich für Kondensatormikrofone benötigt und die übertragene Spannung beträgt 48 V. Deshalb werden die jeweiligen Schalter oder LEDs meist mit +48 V beschriftet. Da nicht alle Mikrofone Phantomspeisung aushalten (z.B. viele Bändchenmikrofone), bieten die meisten Interfaces die Möglichkeit die Phantomspeisung auf einzelnen Kanälen ein- oder auszuschalten. Überprüfe also bei der Verwendung von Kondensatormikrofonen immer, ob die Phantomspeisung aktiviert ist oder, wie im Falle von Bändchenmikrofonen, ob sie deaktiviert ist.

1.5 Aussteuerung (Gain)


Das letzte grundlegende Element ist der Gain-Regler. Mit ihm steuerst du, wie stark dein Mikrofonsignal vom Verstärkerelement verstärkt werden soll. Dabei helfen dir entweder ein VU-Meter oder eine LED-Anzeige, an der du ablesen kannst, wie weit das Signal ausgesteuert ist. Im ungünstigsten Fall wird das Signal übersteuert. Dabei wird es soweit angehoben, dass das Verstärkerelement den Pegel nicht mehr vollständig verarbeiten kann und die Wellenform oben abgeschnitten, also verzerrt wird. In diesem Fall leuchtet meist eine rote LED auf oder die VU-Meter-Nadel ist im roten Bereich auf Anschlag. Natürlich kannst du mit dem bewussten Einsatz von Übersteuerung auch kreative Effektsounds erzeugen.

2. Erweiterte Funktionen eines Mikrofon-Preamps


Zum erweiterten Funktionsumfang eines Mikrofon-Preamps zählen unter anderem die Möglichkeit einen Low-Cut-Filter (Trittschallfilter) hinzuzuschalten oder das Signal um 180° in der Phase zu drehen. Oft kann das Signal auch um 10-20 dB abgesenkt werden (PAD), falls der ankommende Pegel zu hoch ist, oder es kann zusätzliches Equipment, wie z.B. ein Kompressor in den Signalweg eingeschliffen werden.

2.1 Phasen­umkehr­­­schalter (Polarität)


Nachdem der Schall im Raum eine gewisse Zeit braucht um sich auszubreiten, kommt er an Mikrofonen, die unterschiedlich weit von einer Schallquelle entfernt sind, zu unterschiedlichen Zeiten an. Dabei kann es vorkommen, dass an Mikrofon eins eine positive und zur gleichen Zeit an Mikrofon zwei eine negative Halbwelle ankommt. Diese beiden Halbwellen können sich bei der Wiedergabe im ungünstigsten Fall auslöschen. Dieses Phänomen wird in der Physik destruktive Interferenz genannt.

Hier kann der Phasenumkehrschalter am Mikrofon-Preamp Abhilfe schaffen, indem er die Phasenlage, also die Polarität, von einem der beiden Mikrofonsignale um 180° dreht. Wenn dieses Signal also mit einer positiven Halbwelle begonnen hat, fängt es nach dem Umkehren der Phase mit einer negativen Halbwelle an – es wird also gespiegelt. Diese Funktion ist enorm hilfreich, wenn du z.B. eine Quelle wie ein Schlagzeug oder einen Gitarrenverstärker mit mehreren Mikrofonen abnehmen möchtest. Diese Schalter sind meist mit Polarity, Phase oder „∅“ beschriftet. Als kleinen Richtwert kannst du d

2.2 Low-Cut Filter (Trittschallfilter)


Bei Aufnahmen mit Mikrofonen können unerwünschte tieffrequente Störgeräusche die Signalqualität beeinträchtigen. Diese Störgeräusche können z.B. durch Trittschall, der sich über das Stativ auf das Mikrofon überträgt, hervorgerufen werden oder aber durch den Nahbesprechungseffekt – eine Eigenschaft von Mikrofonen die nicht immer erwünscht ist. Um diese Signalanteile gleich im Vorhinein zu unterdrücken, bieten viele Mikrofon-Preamps die Möglichkeit einen Low-Cut, auch Trittschallfilter genannt, hinzuzuschalten. Dieser Filter hat entweder fixe Frequenzen bei denen er arbeitet (z.B. 80 Hz) oder er ist variabel ausgeführt und mit einem Potentiomenter durchstimmbar.

2.3 PAD (Signaldämpfung)


PAD steht für Passive Attenuation Device, wobei Passive für eine elektronische Schaltung steht, die außer dem anliegenden Signal keine zusätzliche Energie benötigt. Attenuation steht für Dämpfung und Device für Gerät oder VorrichtungMit einem PAD-Schalter kann das eingehende Signal um einen gewissen Wert abgedämpft werden – üblicherweise zwischen 10 und 20 dB. Das kann z.B. von Vorteil sein, wenn das Mikrofon einen zu hohen Ausgangspegel für den Mikrofon-Preamp hat. Ein zu hoher Ausgangspegel äußert sich meist in unangenehmen Verzerrungen im aufgenommenen Signal. Für den Fall, dass die Signalquelle einen zu hohen Pegel für das Mikrofon hat, haben einige Mikrofone auch einen PAD-Schalter direkt am Mikrofon.

2.4 Inserts


Wenn du z.B eine Stimme aufnehmen und anschließend gleich komprimieren möchtest, dein Mikrofon-Preamp aber keinen eingebauten Kompressor hat, kannst du zu diesem Zweck Inserts benutzen. Auch als Effektweg bekannt, kannst du an ihnen externes Equipment anschließen. Dabei wird das Signal nach dem Verstärkerelement abgegriffen und über den Send an das externe Gerät geschickt. Am Return kommt das bearbeitete Signal zurück und wird an den Line-Ausgang deines Mikrofonvorverstärkers weitergeleitet.

Alternativ kannst du natürlich ein externes Gerät auch einfach hinter den Line-Ausgang deines Mikrofonvorverstärkers hängen. Inserts sind also eher für Mikrofonvorverstärker relevant, die fix in einem Rack verbaut sind und deren Inserts auf einer Patchbay liegen, um dort beliebiges externes Equipment einschleifen zu können.

Fazit


Viele der aufgezählten Funktionen wirst du, in der einen oder anderen Art, auch am Mikrofon-Preamp deines Audio-Interfaces finden. Neben den im Audio-Interface eingebauten Mikrofon-Preamps gibt es aber auch noch andere Ausführungen: Dazu zählen z.B. einfache externe Mikrofon-Preamps, die du über Line- oder Digitaleingänge an dein Audio-Interface anschließen kannst, oder sogenannte Channelstrips, die einem Mischpult-Kanalzug nachempfunden sind und meist noch zusätzliche Funktionen, wie einen Kompressor oder einen Equalizer, eingebaut haben. Für ein einfaches Homerecording-Setup und oft auch darüber hinaus, reichen aber auf jeden Fall die eingebauten Mikrofon-Preampa.

Falls du dein Setup mit der Zeit erweitern willst, überleg dir gut für welches Einsatzgebiet du deinen Mikrofon-Preamp verwenden willst und wähle anhand dieser Überlegungen einen passenden aus. Foren und dedizierte Facebookgruppen sind hier eine gute Informationsquelle. Wenn du noch mehr darüber wissen möchtest, lies dir am besten auch den Thomann Ratgeber über Mikrofon-Preamps durch.

Wenn du mehr Fragen zum Thema Recording hast, kannst du gerne in meinen Homerecording Beiträgen nach Antworten stöbern.

Beitragsbild:  Alex Regan via Wikimedia Commons (2017, Bildausschnitt und Sättigung geändert)
Quellen: Wikipedia (2017)Thomann (2017)